
Der West Highland Way erstreckt sich über 154 km von Milngavie bis Fort William und bietet eine große Auswahl an Landschaften entlang des Weges, von Landschaftsparks bis zu Seeufern und offenen Moorlandschaften bis hin zu steilen Bergen. Bei unserer allerersten Wanderung hatten wir die ersten zwei oder drei Etappen dises Weges schon einmal gemacht und nun beschlossen meine Tochter Layla und ich, diese wunderschöne Tour komplett zu machen.
Der West Highland Way beginnt im Stadtzentrum von Milngavie. Milngavie hat eine direkte Zugverbindung ins Stadtzentrum von Glasgow. Hier hatten wir allerdings die ersten Probleme, als wir nach der Zugverbindung fragten. Milngavie wird nämlich völlig anders ausgesprochen als wir uns das vorstellen konnten [mʌlgaɪ] – man schaute uns ratlos an. Erst als wir den Reiseführer vorzeigten, konnte man uns weiterhelfen. Von Fort William konnten wir am Ende der Wanderung per Zug wieder nach Glasgow zurückfahren und viele der erwanderten Landschaften entspannt durch das Zugfenster betrachten.
Die Reise von Milngavie nach Drymen ist ein gutes Aufwärmen für den Rest der Route. Es ist eine relativ flache Einführung in die vielfältigen Landschaften, die uns während der kommenden 96 Meilen begegnen. Einige kleinere Seen und Flüsse begleiten uns entlang des Way, während sich die Aussicht öffnet, um die Hochlandlandschaft jenseits von Drymen zu enthüllen.





Der Blick von Conic Hill ist Weltklasse, und ein erster Vorgeschmack auf die epischen Landschaften, die wir auf dem West Highland Way erleben. Unter uns liegt das weltberühmte Loch Lomond. Hier befindet sich eine Inselkette, die die Verwerfung der Hochlandgrenze markiert, die buchstäbliche Schwelle zwischen dem Tiefland und dem Hochland Schottlands. Beim Abstieg verdreht sich Layla ihr Knie und kann nur unter Schmerzen weiterlaufen, bis wir einen geigneten Zeltplatz am Ufer des Sees finden. Leider sind hier Schwärme einer blutsaugenden Insektenart, den berüchtigten Midges, winzige Stechmücken. Glücklicherweise haben wir entsprechende Netze dabei, die wir über dem Kopf tragen, was beim Essen doch ganz schön stört.


Der Weg geht weiter an den Ufern des Loch Lomond durch einen alten Eichenwald. Laylas Schmerzen werden so unerträglich, dass wir ans Aufgeben denken. Ich trage auch ihren Rucksack ein Stück, doch das ist nicht lange durchzuhalten. Dieser Abschnitt in den nördlichen, abgelegeneren Abschnitt des Loch Lomond wird herausfordernd. Ein Highlight ist der spektakuläre Wasserfall in Inversnaid. Als wir in der nächsten Unterkunft die Möglichkeit des Gepäcktransports finden, ist der Fortgang der Reise gesichert, denn ohne Rucksack kommt Layla wieder in Form.

Nun betreten wir eine andere Landschaft, eine Landschaft der aufsteigenden Berge und sanften Schluchten. Nach dem Fluss Falloch erblickt man die Kaskaden der Falls of Falloch, bevor man Crianlarich erreicht.
Von Forest Lodge steigt der Weg langsam bis an die Ränder des Rannoch Moors. Dies ist ein wilder und abgelegener Abschnitt des West Highland Way und eine der letzten großen Wildnissen Europas. Zwei Wanderer mit zerstochenen Armen, Beinen und Gesichtern hatten uns erzählt, dass man hier von Midges so drangsaliert würde, dass ein Durchkommen nahezu unmöglich sei. Wir wollen den Abschnitt mit dem Bus umgehen, verpassen diesen aber und erleben einen der schönsten Abschnitte, weitgehend ohne Midges. Eine hügelige alte Militärstraße führt schließlich unseren Marsch am Glencoe Ski Centre vorbei mit Blick auf eines der am meisten fotografierten Berge Schottlands, Buachaille Etive Mor.

Wir machen uns auf den Weg nach Altnafeadh, bevor wir auf die Teufelstreppe kommen. Dieser Zick-Zack-Berganstieg bringt uns auf 550 m zum höchsten Punkt des West Highland Way, mit atemberaubendem Blick zurück zu „The Buachaille“ und nach Norden in Richtung der Mamores-Bergkette. Nach dem Aufstieg in die Devil’s Staircase schlängelt sich der Weg über das Moorland, bevor es nach Kinlochleven geht.
Der Weg führt im Folgenden durch Forstplantagen, während Großbritanniens höchster Berg Ben Nevis in Sicht kommt. In Fort Williams finden wir einen schönen Campingplatz am Fuß des Bergs und stärken uns am Abend in einem vorzüglichen indischen Restaurant, bevor es am nächsten Tag zurück nach Glasgow geht.

