
Assif Mgoun Traverse – Das war sicherlich eine der abenteuerlichsten Unternehmungen, die ich zusammen mit meiner Tochter Layla gemacht habe. Auf eigene Faust auf einer Strecke, die nicht beschildert, zum Teil weglos durch den hohen Atlas führt. Es gibt nur einen englischsprachigen Reiseführer, der mit handgezeichneten Karten den Weg beschreibt. Von Fes, einer der Königsstädte, fuhren wir mit dem Mietwagen bis in unseren Ausgangsort Souk el Had. Unterwegs verbrachten wir eine Nacht in der Königsstadt Meknes und bekamen einen ersten Eindruck von der marokkanischen Gastfreundschaft. Allein die Fahrt nach Souk el Had war schon recht abenteuerlich. Der Ort war nicht einmal auf Google Maps zu finden und auf Komoot habe ich ihn erst Jahre später nach einigem Suchen entdeckt.




Dort gab es allerdings ein tolle Unterkunft und wir wurden reichhaltig bekocht. Da es auf der geplanten Strecke weder Geschäfte noch Restaurants gab, hatten wir Essen vorbereitet, fanden aber auf der 400 Kilometer langen Hinfahrt kein Geschäft, das eine passende Gaskartusche hatte. Es gab lediglich große Gasflaschen, die man hier in den Häusern benutzt. Als wir gerade überlegten, was die Alternative zu unserer geplanten Tour sein könnte, sahen wir in unserer Gite einen Aushang: „Maultier zu vermieten“. Wir nahmen Kontakt auf und nach einigen Verhandlungen kam ein Berber mit seinem Maultier, der bereit war, Kocher, Gas und Proviant zu transportieren.

Es war erstaunlich, wie schnell Ibrahim in abgelatschten alten Turnschuhen und Maurice, unser Maultier, die Berge rauf- und wieder herunter spazierten. Wegen eines zu erwartenden Gewitters trieb er uns sogar zur Eile an, den vor uns liegenden Berg rechtzeitig zu überqueren. Obwohl wir eigentlich immer Zelten wollten folgten wir Ibrahim in das Lehmhaus eines Berbers und wurden mit Pfeffermintee, Fladenbroot und Öl willkommen geheißen. Die Kommunikation war übrigens nicht so leicht, sprach Ibrahim doch nur einige wenige Worte Französisch und ich wiederum kein Wort. So lief unsere Verständigung meistens über Zeichensprache. Der Hausherr sprach allerdings fließend Französisch, sodass zumindest Layla sich gut unterhalten konnte,





Im Reiseführer gab es Warnungen vor dieser Strecke, da diese entlang und häufig durch einen Fluss geht. Wenn es in den Bergen regnet kommt es zu großen reißenden Wassermengen und es sind wohl schon einige Menschen und Tiere hier ertrunken, da es oft keinen Ausweg aus den engen Schluchten gibt. So war es wohl doch recht vernünftig, einen Einheimischen bei uns zu haben, der uns allerdings oft auf die Nerven ging.



In Flussnähe wurde das karge Land fruchtbarer. Hier siedelten Berber und hin und wieder passierten wir kleine Dörfer. Wieder übernachteten wir bei Berbern. Hier war der angebotene Raum aber so staubig, dass wir unser Innenzelt darin aufbauten. Das Plumpsklo hatte kein Dach und keine Tür, dafür wachte drinnen eine riesige Kröte. Weiter ging es dann vielfach durch das Wasser. Obwohl der Fluss eigentlich nicht besonders breit und tief aussah, war es schwierig, sich auf den Beinen zu halten und wir waren froh, Stöcke dabei zu haben. Layla durfte nun oftmals reiten. Die Landschaft wurde immer spektakulärer – häufig ging es durch enge Schluchten. Das Wetter war sehr angenehm, es schien meistens die Sonne, war aber nie zu warm.








Am dritten Tag erreichten wir ein einsames Anwesen direkt am Fluss, wo wir übernachten konnten. Hier gab es nicht mal ein Plumpsklo, da es aber keine Nachbarschaft gab, war es nicht schwer, einen geeigneten Platz zu finden und waschen konnte man sich sehr gut im sauberen Fluss. Nachts war es immer etwas umständlich, hinauszukommen, da die Tür durch einen Baumstamm gesichert wurde. Hier erlebte ich die eindrucksvollste klare Sternennacht meines Lebens, da kein elektrisches Licht das Erlebnis störte. Ibrahim kochte übrigens meistens gerne für uns, weil er auf diese Weise von unserem Gemüse profitieren konnte und er nicht ausschließlich Fladenbrot essen musste.


Am Ende des vierten Tages kamen wir nach Tamalout, dem größten Ort in der Gegend. Hier gab es ein Geschäft und sogar ein Hotel. Nachdem der Besitzer geweckt worden war, begrüßte er uns herzlich als seine einzigen Gäste und organisierte, dass ein hervorragendes Abendessen für uns gekocht wurde.

Der weitere Weg führte uns in den nächsten Tagen durch karge, wüstenähnliche Gebirgslandschaft. Am letzten Tag kamen wir wieder an dem Berberhaus vorbei, in dem wir die erste Nacht verbracht hatten. Da es erst früher Nachmittag war, traf ich die fatale Entscheidung, weiterzugehen, in dem Glauben, es locker bis zu unserem Ausgangsort zu schaffen. Das brachte mich an den Rand der Erschöpfung. Es waren 53 Kilometer über zwei Berge, die höher als 3000 Meter waren. Ich war noch nie so fertig, habe es aber irgendwie geschafft. Layla durfte ihren Rucksack von Maurice, dem Maultier, tragen lassen und auch längere Abschnitte auf dem Rücken des Tieres verbringen.

Nach einer erholsamen Nacht brachen wir mit dem Auto auf, verschiedene andere Orte in Marokko kennenzulernen. Wir hatten noch einige Tage bis zum Abflug. So konnten wir uns kulinarisch stärken, schöne Landschaften, Städte und Plätze besuchen, freilebende Affen treffen und die letzten zwei Tage durch die engen orientalen Gassen von Fes schlendern.







